Gaston Salvatore - Gaston Salvatore - erzählt die Geschichte des Mannes mit der Pauke - Buch

Gaston Salvatore - Gaston Salvatore - erzählt die Geschichte des Mannes mit der Pauke - Buch
Wolfgang Neuss: Ein faltenreiches Kind
Alles an diesem Buch, von dem behauptet werden kann, es fasse wie kein zweites deutsche Geschichte zwischen 1930 und 1970 am Beispiel einer Person zusammen, ist so einzigartig wie merkwürdig. Da sitzt im Berlin des Jahres 1972 ein einsamer, ausgeflippter Mann, fast fünfzig Jahre alt, in einem leeren Raum, auf einer Matratze und erzählt, erzählt, erzählt. Von einem Tonband werden diese wirren, sich wiederholenden, von Zorn und Trauer zerrissenen Monologe aufgenommen. Abgeschrieben ergeben sie ein Paket von mehreren tausend Seiten. Ein Freund hat dem Mann zugehört, der Schriftsteller Gaston Salvatore, und schon im Zuhören wird ihm das Exemplarische an diesem Leben offenbar. Er entschließt sich aus diesem Wust von Erinnerungen ein Buch zu machen. Was der eine redete, schreibt der andere. Aus Tausenden von Seiten werden vierhundert. Aus Gerede wird geformte Mitteilung, wird die unglaubliche Geschichte des Mannes mit der Trommel, Wolfgang Neuss.

Er war oben, er war unten. Im Grunde war es ihm gleich. Er genoß den Erfolg und ergötzte sich an der Erfolglosigkeit. Er paßte sich an und blieb immer derselbe. Er wuchs als Sohn kleiner Leute auf, in einer Fleischerei, in einer Gastwirtschaft - Schlesier, wie viele, die in Berlin landeten, geriet in Hitlers Krieg, ein Landsknecht mit aller Schläue und manchem Glück, tingelte da schon und kam auf den Geschmack. Conferencier nannte er sich und wußte nicht, was das war, bis er es lernte, nach dem Krieg, neben Schwarzhandel und anderen Überlebenskünsten. Er fand Freunde, Lehrer, las nicht viel und wenn, dann Tucholsky. Die Trommel geriet ihm unter die Schlegel. Er wurde groß, berühmt, trat gemeinsam mit Wolfgang Müller in einer Handvoll Filme auf, ein geschätztes, komisches Doppel. Doch da schwamm er schon gegen den Strom, zog schon nicht mehr an dem propagierten gemeinsamen Strang, da war er schon schärfer als die anderen Spaßmacher und einsamer dazu. - Was da an dem Leser vorüberzieht, ist ein Pandämonium, ist ein ganzes Zeitalter, sich widerspiegelnd in den naiven, zornigen Augen des modernen Simplicissimus. Freunde, die ihm helfen, die er vergißt, Willy Brandt und Jule Hammer, Rudi Dutschke und Enzensberger, der Diamantenmillionär Oppenheimer und der Filmproduzent Ullrich, die »Stachelschweine«, die »Weltbühne«, das »Domizil am Lützowplatz«, sein » Jüngstes Gerüchte, die Geschichte auch einer politischen Erfahrung und zunehmenden Verzweiflung, die Geschichte dieses alles. Und immer wieder dieser Mann mit der Trommel, herumgeschubst von der Zeit, sich widersetzend, mitgerissen und stehen gelassen.

Gaston Salvatore, geboren 1941 in Valparaiso/ Chile, kam 1965 nach Deutschland und studierte an der Freien Universität Berlin Soziologie. 1969 wurde er wegen schwerem Landfriedensbruch im Zusammenhang mit den Studentenunruhen zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Er kehrte nach Chile zurück, war dann Mitarbeiter von Michelangelo Antonioni in Rom. Seit 1970 lebt er wieder in Berlin. Er schrieb Gedichte und Libretti, u. a. für Hans Werner Henze. Im Oktober 1972 wurde in Darmstadt sein Schauspiel »Büchners Tod« uraufgeführt.

Salvatore schreibt über Wolfgang Neuss, vor fünfzig Jahren in Schlesien geboren, Schlachtergeselle, MG-Schütze, Conferencier, Schauspieler, Textbuchschreiber, Kabarettist, Trommler.
Hardcover
ISBN13: 9783100519016 ISBN10: 3100519019
S. Fischer Verlag GmbH | 1974 | 447 Seiten | deutsch

Zustand:
Buch: Gebraucht - Mit Gebrauchsspuren -> Buchschnitt etwas verschmutzt
Schutzumschlag: Gebraucht - Mit Gebrauchsspuren -> verknickt
unten etwas eingerissen


Wolfgang Neuss, Kabarett, Satire, Biografie

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